Unkultur?
In den Bergen Nordvietnams ist die Zeit stehen geblieben. So fühlt es sich zumindest an, als ich ein Dorf der Hmong erreiche. Frauen in traditionellen Trachten aus indigofarbenen Leinen verkaufen bestickte Jacken und Röcke, Männer rauchen Bambus-Bong und Kinder spielen mit einem Ball aus Rattan. Ein Volk, das sich seine ursprüngliche Kultur bewahrt hat – denke ich, bis in der Schürze einer der zahnlosen Stammesfrauen ein Handy klingelt. Das zeigen sie nie auf den Postkarten, indigene Omas mit Smartphone. Jetzt habe ich sechs Stunden auf dem Motorrad auf mich genommen und bekomme nicht einmal hier eine unverfälschte Kultur zu sehen. Doch was macht eine Kultur eigentlich zu einer authentischen Kultur? Als einer der ersten Philosophen versuchte der Aufklärer Johann Gottfried Herder das Wesen von Kulturen zu beschreiben. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei Kulturen um nichts anderes als eine Kugel – also eine in sich geschlossenen Einheit. Diese Kulturkugeln können entweder friedlich nebeneinander her rollen oder sich stoßen wie beim Billard. In beiden Fällen bleiben sie jedoch klar voneinander unterschieden. Ein Smartphone im Bergdorf …