Autor: HOHE LUFT Magazin

Unkultur?

In den Bergen Nordvietnams ist die Zeit stehen geblieben. So fühlt es sich zumindest an, als ich ein Dorf der Hmong erreiche. Frauen in traditionellen Trachten aus indigofarbenen Leinen verkaufen bestickte Jacken und Röcke, Männer rauchen Bambus-Bong und Kinder spielen mit einem Ball aus Rattan. Ein Volk, das sich seine ursprüngliche Kultur bewahrt hat – denke ich, bis in der Schürze einer der zahnlosen Stammesfrauen ein Handy klingelt. Das zeigen sie nie auf den Postkarten, indigene Omas mit Smartphone. Jetzt habe ich sechs Stunden auf dem Motorrad auf mich genommen und bekomme nicht einmal hier eine unverfälschte Kultur zu sehen. Doch was macht eine Kultur eigentlich zu einer authentischen Kultur? Als einer der ersten Philosophen versuchte der Aufklärer Johann Gottfried Herder das Wesen von Kulturen zu beschreiben. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei Kulturen um nichts anderes als eine Kugel – also eine in sich geschlossenen Einheit. Diese Kulturkugeln können entweder friedlich nebeneinander her rollen oder sich stoßen wie beim Billard. In beiden Fällen bleiben sie jedoch klar voneinander unterschieden. Ein Smartphone im Bergdorf …

DIE ANDERS-MACHER

„Man verdirbt einen Jüngling am sichersten, wenn man ihn verleitet, den Gleichdenkenden höher zu achten als den Andersdenkenden.“, schrieb einst Friedrich Nietzsche in seinen „Gedanken über die moralischen Vorurteile“. „Anders-Sein“ ist ein äquivoker Begriff, er kann sowohl positiv wie negativ konnotiert sein – abhängig vom jeweiligen Gebrauch. Jedenfalls enthält er eine stark normative Komponente. Während Nietzsche zugunsten der „Andersdenkenden“ argumentiert, stößt der Begriff des „Anders-Seins“ im alltäglichen Sprachgebrauch nicht immer in dieselbe Richtung. Wer jemandem „Andersartigkeit“ attestiert, kann damit meinen, dass dieser Jemand seltsam und darum anders ist, zugleich kann damit aber auch jemand bezeichnet werden, der anders im Sinne von besonders ist. So kann ein außerordentlich begabter Schriftsteller, ein Genie, genauso „anders“ sein wie das Mitglied einer Subkultur. In beiden Fällen kann „Anders-Sein“ positiv wie negativ ausgelegt werden. Anders-Sein heißt erst einmal „nicht-gewöhnlich“ – es bewegt sich abseits der Norm. Nicht selten stellen „Andersartige“ gängige Vorstellungen in Frage und rütteln an den Grundfesten unseres kulturellen Normensystems. Der außerordentlich begabte Schriftsteller kann gegen die Gesellschaft anschreiben, der Punk optisch ein Zeichen zur Abgrenzung setzen, etwa …

Kunst meets Öffentlichkeit

„Kunst im öffentlichen Raum kann andere Atmosphären schaffen, die gewohnten Kleinigkeiten des Alltags umstellen und Ideen weiter tragen. Es sind die sozialen Kräfte, die bei den Interventionen das Verständnis der Themen auslösen“, sagt Matthias Ulrich, Kurator der Schirnkunsthalle in Frankfurt, gegenüber dem Kunstmagazin art. Kunst im öffentlichen Raum meint die Erschließung städtischer Räume und findet meist in sogenannter „Street Art“ oder „Urban Art“ ihren Ausdruck. Hannah Arendt schreibt in ihrem Werk „Vita Activa oder Vom tätigen Leben“ von einem „Zwischen“, einem Raum, der durch „Handeln und Sprechen“ etabliert wird. Ein solcher Raum muss gemäß Arendt öffentlich sein, da erst die Öffentlichkeit das Selbst sichtbar machen kann. Das muss konsequenterweise auch auf Kunst zutreffen – oder kann sich Kunst auch dann noch Kunst nennen, wenn sie auf dem Dachboden verstaubt? Wohl eher nicht. Vielmehr scheint die Öffentlichkeit ein zentrales Moment von Kunst zu sein: Sie gibt sich somit, im Licht der Öffentlichkeit, ihren Betrachtern preis. Koppelt man Kunst nun an öffentliche Räume, so verändert sich der Charakter von Öffentlichkeit – der Raum wird gewissermaßen umgewidmet, umgeschrieben und …

WIR METAPHYSIKER

Bei strahlendem Sonnenschein eröffnete am Abend des 16. April die Ausstellungstrilogie „Verstehen zu Verstehen“. Erster Künstler war der Kurator und Initiator der gesamten Trilogie, Hans-Peter Klie – mit dem Thema „Wir Metaphysiker“. Die Auseinandersetzung mit philosophischen Themen sowie die Verbindung von Wort und Bild stehen im Zentrum von Klies Arbeit. In der dreiteiligen Installation „Wir Metaphysiker“ wird eine freundschaftliche Dreiecksbeziehung konstruiert, die Friedrich Nietzsche, Ludwig Wittgenstein und den Maler Giorgio de Chirico verbindet. Die beiden Denker und der Künstler, allesamt Grenzgänger zwischen Kunst und Philosophie, nehmen die Eckpositionen des Dreiecks ein. In der Ausstellung sind sie Teil einer Simulation. Die Vernissage im Nietzsche Dokumentationszentrum wurde unter Anderem von Stephan Dorgerloh, Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Oberbürgermeister Bernward Küper und Stefan Majetschak, Leiter der Internationalen Ludwig Wittgenstein Gesellschaft, eröffnet. Die Potsdamer Kunsthistorikerin Barbara Straka fasst die Ausstellung zusammen: „Klie ist fasziniert von den ebenso gegensätzlichen wie einander ergänzenden Erkenntnismethoden des logisch-rationalen und sinnlich-intuitiven Vorgehens, die gemeinhin als jeweils spezifisch für Philosophie und Kunst stehen.“ Die Ausstellung läuft noch bis zum 09.07.2014 – die Trilogie endet mit der Finissage am 15.12.2014. …

Aus der Tonne

Am Wochenende vom 28.-31. August findet in Langenthal, Schweiz, das neue Philosophie-Festival Aus der Tonne zum Thema „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ statt. Das Festival will Philosophie auf lustvolle Weise darstellen und ihrer Lebensnähe gerecht werden. Darum bricht es mit der klassischen Form einer Philosophie-Tagung, denn, so die Veranstalter: „Wir glauben nicht, dass Philosophie ein starres und abstraktes theoretisches Gebilde ist, das nur einem Kreis weniger erleuchteter Intellektueller zugänglich ist. Philosophie lebt und geht uns alle etwas an!“ An die Stelle von Referaten und Podiumsdiskussionen treten Veranstaltungen und Programmpunkte im öffentlichen Raum: „Raus auf die Plätze, die Parks und die Straßen; dahin, wo das gesellschaftliche Leben stattfindet; dahin, wo die Philosophie bei den alten Griechen schon stattfand.“ Hinter dieser Zielsetzung steht die Überzeugung, dass sich Philosophie nicht vom alltäglichen Leben isolieren lässt. Ganz im Sinne dieser ambitionierten Zielsetzung sollen Interessierte auch in die Planung eingebunden werden. Wer eine Idee zum Thema Wirklichkeit im Sinne von gelebter Philosophie hat, kann diese noch bis zum 27. April einbringen – und mit etwas Glück das Festival besuchen. Alle …

Was ist Identität?

Die Frage nach der Identität stellen wir der Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie in der aktuellen Ausgabe von HOHE LUFT – Doris Dörrie stellt gleich zu Beginn fest: „Ich war mir meiner Identität noch nie sicher.“  Der ganze Text aus unserer Rubrik „Die Philosophische Frage“ ist jetzt online. Viel Spaß beim Lesen!

HOHE LUFT im NDR

Letzten Samstag war es soweit: HOHE LUFT goes TV! Im Rahmen der NDR-Nordtour wurde das Generalsviertel in Hamburg vorgestellt, in dem auch HOHE LUFT seinen Verlagssitz hat. Volontärin Greta Lührs präsentierte dem NDR unsere Zeitschrift und erklärt, woher der Name HOHE LUFT eigentlich stammt. Wer die Sendung verpasst hat, kann den Beitrag zum Generalsviertel nun auch hier online ansehen. Viel Spaß!

Zurück zur Natur?

Alle Welt scheint sich heute nach mehr Naturverbundenheit zu sehnen. Gegen die moderne Technik hingegen gibt es ein tiefes Misstrauen. Doch wie sinnvoll ist es, die Natur zu verklären? Und worum geht es wirklich beim Wunsch, zu den Wurzeln zurückzukehren? HOHE LUFT-Volontärin Greta Lührs widmet sich diesen Fragen in der aktuellen Ausgabe von HOHE LUFT. Der ganze Artikel kann jetzt auch hier online gelesen werden. Viel Spaß!

Du sollst nicht lügen!

– Aber warum eigentlich? Jeder missbilligt es, aber jeder tut es. Das Paradox der Lüge liegt darin, dass sie grundsätzlich schlecht ist, aber manchmal auch richtig. HOHE LUFT-Chefredakteur Thomas Vašek und Philosophin Rebekka Reinhard laden am 01.04. um 20:00 ins Café Luitpold ein, um die Beziehung von Lüge und Wahrheit einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Wer vorab schon ein bisschen tiefer in die Materie dringen möchte, kann hier den Artikel aus der ersten Ausgabe von HOHE LUFT zum Thema Lügen lesen. Viel Spaß!

Verstehen zu verstehen

Kunst trifft Philosophie – es ist eine ganz besondere Ausstellung, die am 17. April im Nietzsche-Dokumentationszentrum eröffnet wird: »Verstehen zu verstehen. Kunst zu Nietzsche & Wittgenstein«. Genau genommen ist es sogar eine Ausstellungstrilogie: Drei Berliner Künstler haben sich in ihren Werken mit dem Denken Friedrich Nietzsches und Wittgensteins auseinandergesetzt. Was dabei herauskam, ist nun in Naumburg in drei Ausstellungsphasen zu besichtigen. Den Anfang (17.4.–19.7.) macht Hans-Peter Klie, der Initiator und künstlerische Kurator des Projekts. Er beschäftigt sich seit langem mit Nietzsche und Wittgenstein und versucht nun unter dem Titel »Wir Metaphysiker«, die Brücke von ihnen zur Kunst zu schlagen. Er kombiniert Texte – nicht nur von den beiden großen Philosophen – mit Bildern und Objekten zu Kunstwerken, für die es noch keinen Genre-Namen gibt. Als nächstes hat Martin von Ostrowski seinen Auftritt, vom 24.7. bis 24.9. unter dem Titel »Kopfmuster«. Ostrowski stellt Nietzsche und Wittgenstein buchstäblich gegenüber, in Form ihrer Kopfsilhouetten, und arbeitet sich dann von dort ins Abstrakte vor. Den Schluss setzt Susanne Pomrehn vom 9.10. bis zum 14.12. unter dem Titel »In Between«. …