Autor: HOHE LUFT Magazin

HOHE LUFTpost – Im Fegefeuer der Mathematik

HOHE LUFTpost vom 05.02.2016: Im Fegefeuer der Mathematik Denken Sie zurück an den Mathe-Unterricht in der Schule: Kam es manchmal vor, dass Sie nur Bahnhof verstanden haben? Dass der Sinn der Zeichen an der Tafel sich Ihnen einfach nicht erschließen wollte? Normalität für viele Schüler. Aber einige Weltklasse-Mathematiker machen diese Erfahrung derzeit zum ersten Mal. Ihr japanischer Kollege Shinichi Mochizuki, anerkanntermaßen einer der besten der Zunft, hat einen Beweis für einen berühmten Satz namens abc-Vermutung veröffentlicht – aber niemand sonst kapiert ihn. Die Koryphäen bemühen sich, zu verstehen, Mochizuki bemüht sich, zu erklären. Doch außer ihm hat bisher niemand auch nur die Grundidee seines Beweises durchschaut. Die Stars der Mathematik sitzen vor Mochizukis Beweis wie Schulkinder mit Mathephobie. So etwas gab es noch nie in der Mathematikgeschichte, und es wirft eine grundlegende Frage auf: Welchen Status hat die abc-Vermutung jetzt? Kann sie als wahr gelten, oder bleibt sie weiterhin offen? Keine der beiden Möglichkeiten stimmt ganz. Die abc-Vermutung ist der erste Satz im Fegefeuer der Mathematik, und dort wird sie wohl auch noch ein paar …

HOHE LUFTpost – Marvin Minsky ist tot – vorläufig

HOHE LUFTpost vom 29.01.16: Marvin Minsky ist tot – vorläufig Am 24. Januar starb Marvin Minsky, der große Pionier der Künstlichen Intelligenz, im Alter von 88 Jahren. »Er vereinte den Wissensdurst eines Forschers mit dem Wahrheitsstreben eines Philosophen«, schrieb die New York Times. In den 1950er Jahren, als Computer noch tumbe, sperrige Klötze waren, sah Minsky voraus, dass sie sich der menschlichen Intelligenz rapide annähern würden, und im Rückblick haben sich viele seiner Prognosen bewahrheitet. Weniger bekannt ist, dass Minsky auch die umgekehrte Annäherung prophezeite: dass Menschen sich unsterblich machen können, indem sie ihren Geist vom angespannten Gehirn auf Chips und Festplatten überspielen. Er war Extropianer, also überzeugt davon, dass wir Menschen in radikal anderer physikalischer Form leben können. Kurz vor seinem Tod unterschrieb er einen offenen Brief zur Kryonik: dem schonenden Einfrieren von Menschen kurz nach ihrem Tod, in der Hoffnung, sie mit Technologien der Zukunft wiederbeleben zu können. Gut möglich, dass Minskys Gehirn nun in einem Tiefkühlfach liegt. Man mag über so etwas den Kopf schütteln. Aber das taten die Spötter einst auch über …

Mit Herz oder Hirn?

»Schöne Gedanken« Wie treffen Sie Entscheidungen, mit dem Herzen oder mit dem Gehirn? Es gibt dazu die Geschichte eines jungen Mannes, der zwischen zwei Frauen steht. Für welche soll er sich entscheiden? Ein Freund rät ihm, eine Pro-Contra-Liste zu schreiben. Er zieht also einen Strich über ein Blatt Papier, schreibt links die Vorteile der einen Frau hin, rechts die Vorteile der anderen Frau, und zählt zusammen. Die eine Frau hat mehr Punkte. In diesem Moment weiß der Mann, welche die richtige ist: die andere! Diese Geschichte zeigt: Bei schwierigen Entscheidungen müssen beide mitspielen, Herz und Gehirn. Und ihr Zusammenspiel nimmt manchmal überraschende Wendungen. – Tobias Hürter

Na logisch! Der genetische Fehlschluss I: Das Autoritätsargument

Logik-Kolumne von Daniel-Pascal Zorn. Heute: Der genetische Fehlschluss I: Das Autoritätsargument Wann immer ein Unglück geschieht, eine Katastrophe über uns hereinbricht, ein Skandal oder eine Affäre aufgedeckt werden – einer ist immer da, um das alles für uns einzuordnen: Der Experte. Es gibt Terrorexperten, Nahost- und Fernostexperten, Experten für jede wirtschaftliche und militärische Großmacht, Außenpolitik- und Geheimdienstexperten. Wir lauschen den wohlinformierten Analysen von Wirtschaftsexperten und Gesundheitsexperten, Nahrungsmittelwissenschaftlern und Politikwissenschaftlern, Migrationsforschern, Historikern, Islamwissenschaftlern – und ja, manchmal, eher selten, auch einem Philosophen.

HOHE LUFTpost – Warum Einstimmigkeit fast immer falsch ist

HOHE LUFTpost ist zurück aus der Winterpause! Heute: Warum Einstimmigkeit fast immer falsch ist (22.01.16) Willkommen im neuen Jahr! Beginnen wir es mit einer kontroversiellen Einsicht: Wenn zu viele Menschen einer Meinung sind, dann ist was faul! Ein Team australischer und französischer Forscher hat diese These nun auf überraschende Weise bestätigt: Sie ahmten den klassischen Test von Augenzeugen zur Identifizierung von Tatverdächtigen nach, mischten den Verdächtigen also in eine Reihe von unbeteiligten Komparsen, aus denen die Zeugen ihn rauspicken sollten. Waren sich die ersten drei Zeugen einig, so stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sie richtig lagen. Dann aber sank die Wahrscheinlichkeit mit jedem Zeugen, der mit den vorigen übereinstimmte – bis sie ganz auf Zufallswahrscheinlichkeit herabgesunken war! Zu viel Einigkeit ist also verdächtig. Ein eindrucksvolles Argument für eine offene Gesellschaft, und für einen guten Vorsatz für dieses Jahr: Mehr Widerspruch! – Tobias Hürter

Na logisch! Die Übergriffe von Köln – Relativierung, Tu-quoque und der doppelte Standard

Die Logik- und Rhetorik-Kolumne von Daniel-Pascal Zorn. Heute: Die Übergriffe von Köln – Relativierung, Tu-quoque und der doppelte Standard Die Übergriffe der Silvesternacht in Köln haben eine breite gesellschaftliche Debatte entfacht. Wie jede Debatte ist sie aber nicht frei von argumentationslogischen Fallstricken. Hinzukommt, dass sie stark emotional und politisch aufgeladen ist, so dass jeder Kommentar dazu sich mittlerweile in einer Art diskursivem Minenfeld bewegt.

Wie man sich richtig entscheidet

Ja? Nein? Vielleicht? Ausgabe 2/16 ist da! Nie zuvor hatten wir mehr Möglichkeiten als heute – doch wie soll man angesichts dieses Überangebotes die richtige Wahl treffen? Was gutes Entscheiden ausmacht erfahren Sie in unserer neuen Titelgeschichte. Die Frankfurter Schule ist eine der einflussreichsten Theorieströmungen der Neuzeit und prägt den Diskurs in Philosophie und Soziologie bereits seit drei Generationen. Den Schwerpunkt widmen wir darum dieses Mal den kritischen Denkern in der Tradition von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Weitere Themen: Wie moralisch müssen Ethiker sein? Fünf Thesen zur Pubertät. Ein Lob des Stadtlebens. Die Rhetorik der Hassredner. Ansichten eines Geisteskranken. Und die Philosophin Mirjam Schaub im Gespräch über Radikalität und Popkultur. Wir wünschen viel Freude beim Lesen! Hier können Sie das neue Heft versandkostenfrei bestellen.

Na logisch! Der mereologische Fehlschluss

Logik-Kolumne von Daniel-Pascal Zorn. Heute: Der mereologische Fehlschluss Vor etwas mehr als zehn Jahren brachten einige Neurowissenschaftler die Fachwelt mit der Aussage zum Staunen, dass alles, was man bis dato dem ‚Menschen‘, dem ‚Subjekt‘ oder dem ‚Geist‘ zuzurechnen gewohnt war, eigentlich vom ‚Gehirn‘ als Akteur durchgeführt wurde. Es sei das Gehirn, das nachts um zehn noch ein Bier bestellt oder das sich an der bunten Vielfalt einer Blumenwiese erfreut. Das Gehirn würde handeln, wahrnehmen, fühlen, entscheiden – und manches davon sogar ohne unser Wissen.

Die Schöne und das Biest

Kolumne: Schöne Gedanken Eine wunderschöne Frau lernt einen unansehnlichen Mann kennen – und trotz seines Äußeren wegen seines schönen Wesens schließlich auch lieben. Das ist die Geschichte von »der Schönen und dem Biest« – und man wünscht sich, dass es auch in Wirklichkeit so laufen könnte. Amerikanische Psychologen haben nun festgestellt, dass es gar nicht selten tatsächlich so läuft. In einer Studie untersuchten sie 167 heterosexuelle Paare darauf, wie lange sie sich kannten, bevor sie zusammenkamen, und wie stark sie sich in ihrer physischen Attraktivität unterscheiden. Ergebnis: Je größer der Unterschied in der Attraktivität, desto länger ist die »Vorlaufphase« eines Paares. Es gibt sie also, die Liebe auf den zweiten Blick. Aber sie braucht ihre Zeit. – Tobias Hürter