Autor: HOHE LUFT Magazin

HOHE LUFTpost – Kleineres Übel AfD

HOHE LUFTpost vom 09.09.2016: Kleineres Übel AfD 21 Prozent Wählerstimmen für eine Partei, deren Programm aus Populismus und Fremdenfeindlichkeit besteht: Das Wahlergebnis von Mecklenburg-Vorpommern ist erschreckend. Aber im Aufstieg der AfD liegt auch eine Chance. Diese Partei nährt sich aus Ressentiment, dumpfer Empörung und gefühlter Ausgegrenztheit. Die Wählerschichten dafür sind nun mal da. Eine Partei, die sie anspricht, muss widerlich sein, ob sie nun AfD, NPD, Republikaner oder Schill-Partei heißt. Was wäre die Alternative zur AfD? Entweder dass statt ihrer die etablierten Parteien ein Stück widerlich werden, um ihr das Wasser abzugraben (diese Strategie wird offenbar von manchen Politikern verfolgt), oder dass jene Wählerschichten unrepräsentiert bleiben. Beide Alternativen könnten noch übler ausgehen. Die AfD holt immerhin Mitbürger in den demokratischen Prozess, die vorher draußenblieben. Ihr ist gelungen, woran die etablierten Parteien gescheitert sind: Frühere Nichtwähler in großer Zahl zum Wählen zu bringen. “Eine schwankende Brücke zurück zur Demokratie” nannte sie Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung. Nun ist es an den bedachten politischen Kräften, die Bürger, die diese Brücke betreten haben, auf festen Boden zu …

HOHE LUFTpost – Lochte, Lohfink und Opferglauben

HOHE LUFTpost vom 26.08.2016: Lochte, Lohfink und Opferglauben Der amerikanische Schwimmer Ryan Lochte und das deutsche Model Gina-Lisa Lohfink haben etwas gemeinsam: Beide haben sich als Opfer eines Verbrechens ausgegeben. Während der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro behauptete Lochte, er und drei Sportskameraden seien mit vorgehaltener Knarre ausgeraubt worden. Lohfink zieh zwei Männer, mit denen sie vor laufender Handy-Videokamera Sex hatte, der Vergewaltigung. Lochtes Geschichte wurde später sogar von seinen Kameraden bestritten. Lohfink wurde wegen falscher Verdächtigung vom Amtsgericht Tiergarten zu einer Geldstrafe verurteilt. Beide haben also offenbar gelogen – zumindest aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden. Lohfinks Anwalt wollte das nicht einsehen und sagte, er mache sich nach diesem Urteil nun Sorgen um alle Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen wollten. Aber war es nicht eher seine Mandantin, die den ehrlichen Opfern von Straftaten geschadet hat? »Den Opfern glauben«, das ist ein oft wiederholter feministischer Slogan – und ein oft missverstandener. Er bedeutet nicht, dass wir jeden Quatsch, jede Lüge blindlings glauben sollen. Es bedeutet, dass wir mutmaßlichen Opfern von Verbrechen mit Wohlwollen und der Bereitschaft, ihre Geschichte zu …

»Wir sind eine chronisch übermüdete Gesellschaft«

Welchen Blick hat ein Chronobiologe – also einer, der die zeitliche Organisation physiologischer Prozesse untersucht – auf das Phänomen Zeit? Und was hat unser Schlaf mit Demokratie zu tun? Ein Gespräch mit Till Roenneberg, Professor am Institut für Medizinische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

HOHE LUFTpost – Trump und Sarkasmus

HOHE LUFTpost vom 19.08.2016: Trump und Sarkasmus Ich muss noch mal auf Donald Trump zurückkommen, den erstaunlichen Präsidentschaftskandidaten der amerikanischen Republikaner. Letzte Woche sagte er in einer Rede den Satz: »Präsident Obama ist der Gründer von ISIS.« Diese Aussage ist natürlich absurd – was nicht überraschend ist bei Trump. Überraschend ist allerdings, dass der sonst so beharrliche Trump später zurückruderte: »Offensichtlich war das Sarkasmus«, verteidigte er sich. Nur Trump selbst weiß, wie er es wirklich gemeint hatte. Aus anderer Perspektive jedoch war der Sarkasmus nicht zu erkennen. Sarkasmus und Ironie sind nur erkennbar auf einem Hintergrund solider, glaubwürdiger Aussagen – und der fehlt bei Trump. – Tobias Hürter

Das schöne Motto und das wahre Motto

Eigentlich lässt mich Olympia eher kalt. Aber »Dabei sein ist alles« – dieser olympische Gedanke klingt so sympathisch, so nahbar, so versöhnend! Schließlich geht es schon sonst genügend um maximale Effizienz, ums Gewinnen, darum, um jeden Preis immer noch besser zu sein. Bei Olympia steht hingegen seit Jahrhunderten der Sport im Mittelpunkt, die körperliche Ertüchtigung, der Spaß an Bewegung und herausragendem Können. Hier wird einem noch vermittelt, dass es auch in Ordnung ist, mal ohne Medaille nach Hause zu gehen. Ein Trost für alle, die bei den Bundesjugendspielen zu Schulzeiten auch nur eine Teilnehmerurkunde gewinnen konnten. Schließlich kommt es darauf an, Teil eines großen Ganzen zu sein. Sich gemeinsam anzustrengen – aus Spaß, nicht aus übersteigertem Ehrgeiz. An Olympia wird zwar viel kritisiert, wie die hohe finanzielle Belastung und es wird von Korruption und Doping gesprochen. Doch vielleicht brauchen wir die olympische Idee heute dennoch dringender als je zuvor! Wie bitte? Das offizielle Motto von Olympia geht ganz anders? »Schneller, höher, stärker«? Achso. Ja dann… – Greta Lührs

Die Faszination des Hässlichen

Kolumne »Schöne Gedanken« Das Schöne fasziniert und bannt uns. Erstaunlicherweise gilt das auch für das Gegenteil des Schönen: das Hässliche. Der Blobfisch, der als das hässlichste Tier der irdischen Biosphäre gilt, übt eine ganz eigene Faszination auf den Betrachter aus. Auch Kunstwerke wie die Gemälde von den »schreienden Päpsten« von Francis Bacon – sie gehören zu Bacons höchstgehandelten Werken – beeindrucken vor allem durch ihre Hässlichkeit. Die Ästhetik des Hässlichen und die des Schönen treffen sich in den Extremen. Vielleicht kann man sogar sagen: Auch perfekte Hässlichkeit ist Schönheit. – Tobias Hürter

Na logisch! Das Argument ex silentio

Daniel-Pascal Zorn schreibt in seiner Kolumne »Na logisch!« über Rhetorik, Logik und Argumentationstheorie. Heute: Wer schweigt, stimmt zu – Das Argument ex silentio In aktuellen politischen Debatten ist immer wieder die Rede von einer „schweigenden Mehrheit“. Diese Mehrheit scheint stets, ohne Klage oder Widerspruch, dieselbe Meinung zu vertreten wie derjenige, der sich auf sie beruft. Auch auf die Frage, warum die Mehrheit schweigt, gibt es eine Antwort. Sie schweigt, weil sie sich nicht traut, ihre eigentliche Meinung zu sagen.